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Kleine Wunder und große Kämpfer

19.02.2020 // #Reisebericht

Menschen mit Behinderung haben in Indien keine Lobby. Täglich erleben sie Vernachlässigung, Ausgrenzung und sogar offene Verachtung. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, diese Kinder auf ihrem Lebensweg zu unterstützen.

„Snehasadan“ – so heißt ein Heim für über 100 Mädchen und Jungen mit Behinderung in der Großgemeinde Sendhwa, das von Ordensschwestern geleitet und von KiN finanziert wird. Vor Kurzem konnte die Einrichtung mit Hilfe von Spendengeldern um eine zweite Etage mit Schulräumen erweitert werden. Ende Januar flogen wir nach Indien, um uns ein Bild von den neu errichteten Schulräumen und dem allgemeinen Zustand des Heimes „Snehasadan“ zu machen. Zunächst ging es von Frankfurt aus nach Delhi und nach kurzer Pause von dort aus weiter nach Indore. Nach weiteren 4 Stunden Autofahrt erreichten wir die kleine Stadt Sendwha.

Am nächsten Morgen stand dann der Besuch des Heims auf dem Programm. Dort wurden wir mit leuchtenden Augen empfangen. Anup, ein siebenjähriger Junge mit Down Syndrom, der noch vor wenigen Monaten nicht in der Lage war zu stehen oder zu gehen, lief uns strahlend in die Arme. Durch monatelange Physiotherapie war es gelungen, dem Jungen ganz neue Zukunftsperspektiven zu ermöglichen. Ihm ist heute die Schwere seiner Gehbehinderung kaum noch anzusehen.

Leider gibt es in Anups Geschichte ein trauriges Kapitel. Zunächst wurde der Junge von seinen Eltern für nur vermeintlich wenige Monate abgegeben. Doch seit dem Tag des Abschieds meldeten sich die Eltern nicht wieder im Heim, obwohl die Schwestern immer wieder den Kontakt suchten. Vor Kurzem mussten sie dann feststellen, dass Mutter und Vater schon seit einiger Zeit verzogen waren. Dies ist leider kein Einzelschicksal. Nicht selten erleben die Schwestern, wie ein Kind mit Behinderung einfach abgegeben und nicht wieder besucht wird. Leider sind auch noch heutzutage die Stigmata für Menschen mit Behinderungen in Indien sehr groß, oft werden sie als „Strafe Gottes“ angesehen.

Das Heim „Snehasadan“ möchte genau dort anknüpfen. Hier wird nicht nur die Arbeit mit den Kindern selbst gefördert, wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit den Eltern. Die Mütter und Väter müssen lernen, dass ihre behinderten Töchter und Söhne Fürsorge und Liebe brauchen, um sich entwickeln zu können.

Derzeit sind insgesamt 123 Kinder in dem Heim untergebracht. Hier werden sie liebevoll betreut und erhalten regelmäßige, vitaminreiche Mahlzeiten. In den neu errichteten Schulräumen lernen die Mädchen und Jungen, welche Fähigkeiten sie haben und welche Fertigkeiten und Talente in ihnen schlummern. Ferner werden die Mädchen und Jungen in einem kleinen Gesundheitszentrum medizinisch und physiotherapeutisch behandelt. So wird den vormals chancenlosen Kindern der Weg in ein möglichst eigenständiges und selbstbestimmtes Leben geebnet.

Während des Aufenthalts fand die offizielle Einweihung der Sonderschule statt. Die Kinder waren freudig aufgeregt und trugen zu diesem Anlass ihre besten Kleider. Alle, die dazu in der Lage waren, führten Tänz auf. In ihren Augen sah man hierbei die Lebensfreude blitzen, die ihnen durch die Geborgenheit des Heims und der Schwestern geschenkt wurde.